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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 30.06.2003
Aktenzeichen: 2 O 237/03
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 162 I
VwGO § 162 II 1
1. Kosten des von der Behörde bestellten Rechtsanwalts sind in der Regel auch dann erstattungs-fähig, wenn die Behörde über eigene Mitarbeiter mit der Befähigung zum Richteramt verfügt. Eine Prüfung, ob im konkreten Fall die Einschaltung eines Rechtsanwalts erforderlich war, findet nicht statt.

2. Das gilt nicht, wenn die Hinzuziehung des Rechtsanwalts gegen Treu und Glauben verstoßen würde, weil sei offensichtlich nutzlos ist und nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 O 237/03

Datum: 30.06.2003

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 146 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987), sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf § 13 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]) <Streitwert>.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.05.2003 zu Recht zurückgewiesen; denn der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die Kosten, die der Kläger der Beklagten zu erstatten hat, zutreffend auf 6.394,38 € festgesetzt, weil die Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten erstattungsfähig sind.

Nach § 162 Abs. 1 VwGO gehören die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens zu den Kosten des Verfahrens. Ergänzend dazu bestimmt § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO, dass die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig sind. Das gilt auch für die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, der eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine Behörde vertritt, die über Mitarbeiter mit der Befähigung zum Richteramt verfügt; auch in diesen Fällen ist grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich gewesen ist (so auch NdsOVG, Beschl. v. 17.12.1997 - 5 O 5242/97 - [juris]; BayVGH, Beschl. v. 30.11.1977 - 81 I 77 -, BayVBl. 1978, 93; VGH BW, Beschl. v. 28.02.1991 - NC 9 S 98/90 -, NVwZ 1992, 388; Redeker/von Oertzen, VwGO, Komm., 13. Aufl., § 162 RdNr. 10; Nomos-Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, § 162 RdNr. 67; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Komm., § 162 RdNr. 36). Eine Ausnahme wird lediglich anerkannt, wenn die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch einen Beklagten, der sich durch eigene Juristen vertreten lassen kann, gegen Treu und Glauben verstößt, weil sie offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen (Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 162 RdNr. 10; BayVGH, Beschl. v. 28.05.1982 - 4 C 81 A.602 -, NJW 1982, 2394). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor.

Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigen der Beklagten war entgegen der Darstellung des Klägers keineswegs offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan, dem Kläger Kosten zu verursachen; denn Rechtsanwälte verfügen im allgemeinen über fundiertere Kenntnisse des nicht nur im Berufungszulassungsverfahren bedeutsamen Prozessrechts als die Mitarbeiter einer Körperschaft des öffentlichen Rechts wie der Beklagten.

Soweit der Kläger die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten davon abhängig macht, dass der Bevollmächtigte die mit dem Berufungszulassungsverfahren nicht in ausreichendem Maße vertraute Beklagte bei der Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber der Verwaltung aktiv unterstützt und nicht lediglich einen Antrag stellt, werden an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu hohe Anforderungen gestellt; denn für die Erstattungsfähigkeit ist allein maßgeblich, dass der von der Beklagten beauftragte Rechtsanwalt - wie hier - förmlich bevollmächtigt wurde und nach außen aufgetreten ist (Redeker/v. Oertzen, Kommentar zur VwGO, 11. Auflage, § 162 RdNr. 13a). Hingegen kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang ein förmlich bevollmächtigter Rechtsanwalt tätig geworden ist (VGH BW, Beschl. v. 18.04.1996 - 2 S 928/96 -, VBlBW 1996, 340 f.).

Ebenfalls ohne Erfolg wendet der Kläger ein, die mit der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten verbundenen Aufwendungen (Fahrtkosten [83,20 DM]; Tage- und Abwesenheitsgeld [30,00 DM] nebst MwSt. [18,11 DM]) seien nicht im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO notwendig gewesen, weil die Beklagte sich durch einen ortsansässigen Rechtsanwalt hätte vertreten lassen können. Zwar sind "notwendig" in der Regel nur die Reisekosten eines am Gerichtssitz oder in der näheren Umgebung des Wohnsitzes des Beteiligten ansässigen Rechtsanwalts, was bereits aus dem das Kostenrecht beherrschenden allgemeinen Grundsatz folgt, dass die durch das jeweilige Verfahren ausgelösten Kosten möglichst niedrig zu halten sind (so auch ThürOVG, Beschl. v. 13.07.1995 - 1 VO 757/94 -, ThürVBl. 1996, 36; OVG RP, Beschl. v. 01.07.1963 - 6 B 16/63 -, DVBl. 1993, 786). Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt aber dann in Betracht, wenn besondere Gründe aus der Sicht der Beklagten die Beauftragung eines "auswärtigen" Rechtsanwalts hätten angezeigt erscheinen lassen, etwa weil zu dem Bevollmächtigten ein besonderes Vertrauensverhältnis bestand oder sich aufgrund besonderer Fachkenntnisse des Rechtsanwalts für eine verständige Partei die Übertragung des Mandats angeboten hat (VGH BW, Beschl. v. 28.02.1995 - 1 S 3/95 -, NVwZ-RR 1996, 238; Beschl. v. 11.03.1991- A 14 S 110/91 -, EZAR 613 Nr. 21). Letzterer Ausnahmefall liegt hier vor; denn die mit der Erstattung von Erschließungskosten zusammenhängenden streitigen tatsächlichen und rechtlichen Fragen haben sich vorliegend als von Anfang an schwierig erwiesen, so dass hier ausnahmsweise eine besondere Rechtfertigung für die Beauftragung des in ... ansässigen Rechtsanwalts der Beklagten auf Grund dessen besonderer Sachkunde in abgabenrechtlichen Streitigkeiten vorlag.

Ende der Entscheidung

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